Genuss, Gesundheit, Abwechslung und Natürlichkeit – mit diesen Schlagwörtern bewirbt die Feldschlösschen Getränke AG ihren neuen Durstlöscher Rhäzünser plus. Das Neue an diesem Mineralwasser: Rhäzünser plus ist nicht mit normalem Zucker oder künstlichen Süssstoffen gesüsst, sondern nur noch mit Fruchtzucker, der Fructose.
Auch die vergleichbare Nendaz-Getränkelinie von Migros sowie unzählige andere Lebensmittel enthalten ausschliesslich Fructose als Süssmittel: Konfitüre, Müesli, Milchprodukte oder auch Back- und Süsswaren. «Immer mehr Leute möchten sich gesund und nicht zu kalorienreich ernähren», schreibt Rhäzünser zu ihrer neuen Mineralwasserlinie im Internet.
Fructose erhöht Blutdruck und Blutfettwerte
Ein gefährlicher Trugschluss, wie jetzt neuere Untersuchungen zeigen. Denn grössere Mengen Fructose belasten den Körper und können ihn krank machen:
-Fructose erhöht die Blutfettwerte. In einer US-amerikanischen Studie mussten Teilnehmer einen Viertel der benötigten Kalorien mit Fructose abdecken. Das Resultat: Sie hatten deutlich erhöhte Werte von Triglyceriden und schlechtem Cholesterin, vor allem Männer. Dies berich-
teten Wissenschafter von der Universität von Kalifornien kürzlich auf einem Diabeteskongress. Und das begünstigt Herzinfarkt und Schlaganfall.
-Fructose fördert das Übergewicht. Versuche zeigten, dass Nagetiere deutlich zunahmen, wenn man sie mit Fructose fütterte. Der Grund: Fructose bewirkt – im Gegensatz zu Haushaltzucker – nicht, dass der Körper Insulin ausschüttet, und stoppt damit auch das Hungergefühl nicht. Nahrungsmittel mit hohem Anteil an Fructose verleiten Konsumenten deshalb dazu, mehr zu essen.
-Fructose macht den Körper unempfindlicher gegen Insulin. Menschen, die eine Woche lang eine Diät mit einem hohen Fructoseanteil machten, zeigen Symptome, wie man sie bei Diabetikern kennt. Dies deckte eine weitere Studie auf. Das Insulin konnte bei ihnen nicht mehr richtig arbeiten.
-Fructose erhöht die Harnsäure im Blut und damit den Blutdruck. Studien in
den USA zeigten: Die meis-
ten übergewichtigen Kinder mit Bluthochdruck beziehen einen grossen Teil ihrer Kalorien aus Fructose.
Der Körper ist nur auf kleine Portionen Fructose eingestellt
Auch für Kaspar Berneis, Ernährungsfachmann am Universitätsspital Zürich, gibt es mittlerweile keinen Zweifel mehr, dass zu viel Fructose schädlich ist: «Dafür besteht inzwischen ein wissenschaftlicher Nachweis», stellt er fest.
Wie viel Fructose es braucht, um dem Körper Schaden zuzufügen, ist zurzeit noch unklar. Tatsache ist: Der Körper des Menschen ist nur auf
kleine Portionen eingestellt. Berneis: «Seit Tausenden von Jahren hat der Mensch Fructose nur in kleinen Mengen in Form von Früchten zu sich genommen.»
Innerhalb der letzten Jahrzehnte ist der Konsum stark angestiegen, in den USA um rund den Faktor 100. US-Amerikaner nehmen heute im Schnitt bereits täglich etwa 80 bis 100 Gramm zu sich. Für die Schweiz gibt es keine Zahlen. Ein halber Liter Rhäzünser plus enthält bereits 22 Gramm Fructose.
Berneis rät zur Vorsicht: «Personen, die an Übergewicht oder Diabetes leiden oder ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten haben, sollten den Konsum von Zucker und insbesondere Fruchtzucker stark einschränken.» Das gilt auch für Haushaltzucker: Haushaltzucker besteht zur Hälfte aus Fruchtzucker, allerdings in gebundener Form. Doch noch ist unklar, wie Fructose im Haushaltzucker auf den Körper wirkt.
Auch gesunde Menschen sollten sich zurückhalten. Annette Schürmann vom deutschen Institut für Ernährungsforschung Berlin: «Fructose sollte nicht jeden Tag auf dem Speiseplan stehen.» Oder dann in Form von Obst. Es enthält im Gegensatz zum Pfirsich- und Zitronengetränk von Rhäzünser weniger Fructose und neben Vitaminen auch Fasern, die den Magen füllen.
Rhäzünser: «Wir verfolgen die Forschung mit Interesse»
Der Hersteller von Rhäzünser plus kennt die Studien, will aber im Moment keine Konsequenzen ziehen. Markus Werner von der Feldschlösschen Getränke AG: «Wir verfolgen die Forschung mit Interesse.» Doch die Wissenschaft könne bisher «keine klare Antwort» auf die Frage liefern, was ein übermässiger Fructosekonsum sei. Werner: «Und
so lange gilt das Gesetz von Paracelsus: Die Dosis ist entscheidend.»
Hier hat es viel Fructose drin
Fruchtzucker oder Fructose ist etwa anderthalb mal süsser als Haushaltzucker. Er wird aus Maissirup gewonnen und vielen Fertiglebensmitteln – oft auch Weight-Watchers-Produkten – beigemengt. Fructose steckt beispielsweise in:
Süss- und Tafelgetränken:
-Rhäzünser plus
-Carpe Diem Kombucha fresh (Coop)
-Nendaz-Tafelwasser (Migros)
-Weight Watchers Ice Tea classic (Coop)
Getreidestängeln und Müesli:
-Farmer soft (Migros)
-Balisto extra soft (Coop)
-Farmer Müesli (Migros)
-Natura vita Apfel-Fruchtschnitte
gesüssten Milchprodukten:
-Weight Watchers Vanille crème (Coop)
-Weight Watchers Flan (Coop)
Auch viele gesüsste Diabetikerprodukte enthalten Fructose. Dies ist deklariert. Wird auf der Verpackung der allgemeine Begriff «Zucker» verwendet, handelt es sich immer um Haushaltzucker.
Fructose kommt auch in Naturprodukten vor. Honig enthält bis zu 40 Prozent davon. Kleinere und unbedenkliche Mengen sind in Trauben, Bananen, Kirschen oder Äpfeln enthalten. Noch weniger Fructose ist in Aprikosen, Brombeeren oder Himbeeren drin.�