Schweizer Konsumenten zahlen gesalzene Preise
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saldo 3/2000
16.02.2000
Die Rheinsalinen können in der Schweiz die Salzpreise diktieren. Zudem erheben die Kantone auf dem Salz Steuern - die Konsumenten haben das Nachsehen.
Ob die Hausfrau ihre Suppe salzt, der Landwirt sein Vieh mit Lecksteinen versorgt, Industrie und Gewerbe für die Herstellung ihrer Güter Salz benötigen oder die Winterdienste auf den Strassen Auftausalz streuen - die Kassenwarte der Kantone können sich freuen. Denn sie streichen in jedem Fall einen Teil des Preises ein, den die...
Die Rheinsalinen können in der Schweiz die Salzpreise diktieren. Zudem erheben die Kantone auf dem Salz Steuern - die Konsumenten haben das Nachsehen.
Ob die Hausfrau ihre Suppe salzt, der Landwirt sein Vieh mit Lecksteinen versorgt, Industrie und Gewerbe für die Herstellung ihrer Güter Salz benötigen oder die Winterdienste auf den Strassen Auftausalz streuen - die Kassenwarte der Kantone können sich freuen. Denn sie streichen in jedem Fall einen Teil des Preises ein, den die Kunden für das Salz bezahlen.
Möglich macht dies das so genannte Salzregal, welches in den kantonalen Verfassungen und Gesetzen verankert ist. Es berechtigt die Kantone, pro Tonne verkauften Salzes eine Gebühr zu erheben.
Auch im Fürstentum Liechtenstein gilt das Salzregal.
Schon im Mittelalter wurde das Salz mit einer Steuer belegt
Die Wurzeln dieser Gebühr reichen bis ins Mittelalter zurück. Es handelt sich dabei faktisch um eine indirekte Steuer, die den Kantonen heute noch Einnahmen von bis zu acht Millionen Franken jährlich bescheren. Eingetrieben wird das Geld von der Vereinigten Schweizerischen Rheinsalinen AG in Pratteln BL, welche die Regalgebühr auf den Verkaufspreis aufschlägt und an die Kantone weiterleitet. Nur in den Kanton Waadt reicht das Hoheitsgebiet nicht hinein; das Waadtland betreibt in Bex eine eigene Salzgewinnungsanlage.
Die Rheinsalinen sind gegenüber den Kantonen verpflichtet, den Gross- und Detailhandel sowie Industrie, Gewerbe, Landwirtschaft und weitere Kunden in der Schweiz mit allen Salzarten ausreichend zu versorgen, und zwar zu einheitlichen Preisen. Nur wenn die Salinen selbst nicht das gewünschte Produkt zu liefern vermögen, können die Kunden Salz aus dem Ausland importieren. Hierzu bedarf es einer Importbewilligung durch die Rheinsalinen, denn auch auf den Importen werden Regalgebühren erhoben.
Salz war früher eines der teuersten Güter, und die Versorgung der Bevölkerung mit Salzimporten aus dem Ausland bildete eine wichtige Aufgabe der Kantone. Heute könnten sie das getrost dem freien Markt überlassen. Im Ausland sind speziell auf dem Salz liegende Gebühren und Steuern fast überall abgeschafft. Denn: Heute herrschen in Europa Überkapazitäten, die auf die Preise drücken.
Doch die Kantone können sich nicht entschliessen, auf das Salzregal zu verzichten. Immerhin wurden die Regalgebühren seit den Achtzigerjahren schrittweise etwa um die Hälfte gesenkt. Industrie und Gewerbe - Salz ist zum Beispiel für die Kunststoffchemie ein wichtiger Rohstoff, wird unter anderem aber auch bei der Herstellung von Farben, Seifen und Glas verwendet - machten als Hauptabnehmer am meisten Druck.
In einer Zeit, in der die Liberalisierungswelle selbst staatliche Betriebe wie die Post und die Telecom erfasst, wird die Monopolstellung der Rheinsalinen immer fragwürdiger. Auch mit dem Kartellrecht lässt sich das Salzmonopol kaum vereinbaren. Patrik Ducry, Vizedirektor der Wettbewerbskommission, stellt denn auch fest: "Der Wettbewerb ist eindeutig gestört." Allerdings hat die Kommission die Situation rechtlich bisher nie genau überprüft.
Dafür droht von anderer Seite Gefahr: Nicht haltbar wäre die bevorzugte Stellung der Rheinsalinen im Falle eines Beitritts der Schweiz zur EU. So ist es denn auch kein Zufall, dass das Unternehmen anlässlich der EWR-Debatte Anfang der Neunzigerjahre erstmals ins Visier des Preisüberwachers geriet. Diesem waren weniger die Regalgebühren als die auch nach Abzug der Gebühren zu hohen Preise ein Dorn im Auge. In einem Abkommen von 1995 verlangte er vom Betrieb, die Kosten zu senken und die Preise mittelfristig an das europäische Niveau anzupassen.
Ende der Monopolstellung nur noch eine Frage der Zeit Erste Korrekturen wurden laut Rafael Corazza, Geschäftsführer der Preisüberwachung, mittlerweile bereits vorgenommen. Dem Direktor der Rheinsalinen, Jürg Lieberherr, ist klar: "Irgendwann wird das Monopol fallen. Es ist nur eine Frage der Zeit."
Andrea Mix