Lebensmittel-Labels: Heikle Selbstkontrolle

Labels auf Lebensmitteln versprechen bessere Qualität. Aber es lohnt sich, genau hinzuschauen, was sie wert sind. Denn oft bezahlen die Kontrollierten die Kontrolleure selbst.

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saldo 17/2010

25.10.2010

Letzte Aktualisierung:
26.10.2010

Jonas Arnold

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Konsumenten zahlen für Produkte mit Label oft mehr: So kostet ein Kilogramm Bio-Golden-Delicious in der Migros Fr. 7.75, normale Fr. 4.20. 500 Gramm Max-Havelaar-Kaffeepulver im Coop kosten Fr. 6.70, 60 Rappen mehr als die Coop-Eigenmarke.

Wer mehr zahlt, nimmt an, dass die Waren tatsächlich biologisch, tiergerecht oder fair produziert sind. Der WWF hat mit Konsumentenorganisationen 32 grosse Lebensmittel-Labels getestet: Sie bewerteten, wie streng die Organisationen in Bezug auf CO2-Ausstoss, Bio-Produktion, soziale Standards sind. Und sie prüften, wie sie die Standards kontrollieren.

Die meisten Organisationen überprüfen ihre Lieferanten mindestens einmal im Jahr: Doch Kontrollen sind teuer. Das Fairtrade-Label Max Havelaar etwa hat 827 Lieferanten in 60 Ländern. 120 Kontrolleure besuchen die Betriebe. Heisst: Jeder Kontrolleur besucht etwa sieben Höfe in Lateinamerika.

Max Havelaar lässt seine Kontrollen von der Zertifizierungsstelle Flo-Cert durchführen. Das Unternehmen überprüft gegen Bezahlung Fairtrade-Produzenten und deren Arbeitsbedingungen.

Gegenseitige Abhängigkeit durch Beitragszahlungen

Einige Labels arbeiten ohne unabhängige Zertifizierungsstelle, wie Gebana und zum Teil Rainforest Alliance. Die Produzenten entrichten Jahresbeiträge an das Label für die Zertifizierung. Das ist heikel: Trennt es sich von einem der Produzenten wegen Mängeln, schwächt es sich selber.

Weniger Lieferanten bedeuten weniger Einnahmen. Die Labels betonen, wie wichtig ihnen Kontrollen sind. «Wir können es uns nicht leisten zu schlampen», sagt etwa Pascal Tischler, Pressesprecher der Rainforest Alliance.

Ein ähnliches Bild in der Schweiz: Hier wirtschaften 6893 Bauernhöfe biologisch. Sie richten sich fast alle nach Richtlinien von Bio Suisse. Die Zertifizierungsstellen Bio Test Agro AG und Bioinspecta überprüfen die Höfe jährlich. Total arbeiten 75 Teilzeit-Kontrolleure für die beiden Stellen.

Jeder Kontrolleur überprüft im Jahr rund 91 Höfe mit Voranmeldung, führt also zwei Kontrollen pro Arbeitstag durch. Dazu kommen rund 450 unangemeldete Kontrollen.

Gemäss Ueli Steiner, Geschäftsführer von Bioinspecta, ist das zu bewältigen: «Je nach Grösse des Betriebs dauert eine Kontrolle zwischen 2 und 4 Stunden.» Geprüft werden die Höfe unter anderem auf unerlaubte Kunstdünger oder den Abstand der Anbauflächen zu Strassen.

Regelmässig stellen die Kontrolleure Mängel fest. Letztes Jahr beanstandete Bio Suisse 1029 Höfe und erteilte 270 eine Busse. Oder es wurden Bio-Direktzahlungen des Bundes gekürzt. Zwölf Betriebe dürfen nicht mehr unter dem Bio-Label verkaufen.

Die Mängel betrafen fehlende Nachweise, unerlaubte Düngemittel oder nicht artgerechte Tierhaltung. Bio-Suisse-Sprecherin Sabine Lubow verspricht: «Mangelhafte Produkte kommen nicht auf den Markt.»

Unabhängige Überprüfungen decken mehr Mängel auf

Wirklich unabhängige Kontrollen können zu einem schlechteren Ergebnis führen, wie der Aargau zeigt. Das kantonale Amt für Verbraucherschutz kontrollierte im letzten Jahr 25 Bio-Höfe und -Läden auf die Bio-Richtlinien.

Es stellte 17 Mängel fest: Ungenaue Abgrenzung zwischen Bio-Produkten und anderen oder unkorrekter Einsatz von Hilfsstoffen. Laut Ueli Steiner kontrolliert das Amt für Verbraucherschutz die Vermarktung stärker als Bioinspecta. Auf Höfen gebe es kleine Differenzen beim Einsatz von Hilfsstoffen.

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